Ich bin weiß. Ich habe blaue Augen. Ich wohne in Deutschland. Ich verdiene ein durchschnittliches Gehalt. Ich habe einen Bachelor in Theologie. Wenn Menschen mich auf der Straße sehen, gehen sie grundlegend davon aus, dass ich ein guter, anständiger Mensch bin, der sich sein Geld ehrenhaft verdient. Bewerbe ich mich auf eine Stelle, werde ich behandelt wie eine von vielen und muss mich nicht mehr beweisen, als all die anderen weißen Frauen deren Bewerbungen auf den Tisch kommen. Ich bin eine von vielen. Ich bin also privilegiert. Doch dass das so ist, habe ich bis vor wenigen Tagen nicht wirklich wertgeschätzt bzw. eigentlich auch gar nicht so bewusst wahrgenommen. Dass mein Vater aus dem Iran kommt und vor 40 Jahren aus dem Iran nach Deutschland geflüchtet ist, wissen die wenigsten und wirklich interessieren tut es keinen. Ich wurde noch nie aufgrund meiner Herkunft diskriminiert. Doch vor einigen Wochen habe ich das erste Mal erlebt, jemand zu treffen, der andere aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert:
Leben
Eine Woche Mädels-Urlaub liegen gerade hinter mir. Ich durfte nach fast einem Jahr endlich mal wieder in den Flieger steigen und ans Meer fahren. Gemeinsam mit zwei wundervollen Freundinnen. Und ich sag es Euch Mädels, dieser Urlaub hat mich verändert. Mehr als wahrscheinlich jeder andere Urlaub, den ich bis jetzt erleben durfte. Woran das lag? In den letzten 7 Tagen habe ich unglaublich viele Menschen getroffen. Wir haben mit so vielen Menschen gesprochen, neue Dinge über uns selbst gelernt, sind Risiken eingegangen, haben uns ganz der Kultur hingegeben, uns wirklich geöffnet für neue Gerüche, Geschmäcker, Denkweisen. Haben uns treiben lassen.
„Der Wind weht in ihren Haaren. Die Sonne steht auf 12 und erwärmt ihre Haut. Um sie herum sitzen viele andere Familien und sie tuckern langsam übers Wasser. Immer mal wieder schwappt etwas Wasser gegen das Boot und spritzt ihr auf die Haut. Manchen ist etwas übel, das liegt am Wellengang. Der ist heute besonders stark. Sie dreht sich um und sucht nach ihrer Mutter. Ah, entdeckt. Sie krabbelt vorsichtig zu ihr und kuschelt sich in ihre Arme. Ihre Mutter packt eine Decke um sie und gemeinsam schauen sie den Wellen am Horizont zu. Weit und breit kein Land zu sehen. Meer. Überall, wo sie hinschaut, ist Wasser. Wann sie wohl ankommen? Sie blickt zu ihrer Mutter, aber die hat schon die Augen zu und lässt sich von der Sonne wärmen. Sie rückt noch etwas näher an ihre Mutter heran und schläft langsam ein.“
Schön, oder? Find ich auch. So gelesen, klingt das doch wie ein wundervoller Familienurlaub auf einem Luxusdampfer mitten im Mittelmeer. Dazu hätte ich auch Lust. Doch leider muss ich dich enttäuschen. Denn ich habe ein paar wichtige Punkte ausgelassen. Eigentlich geht die Geschichte so:
„Entspann dich. Stress dich nicht. Denk nicht mehr daran, dann klappt es“. Das sind Sätze, die du in der Kinderwunschzeit irgendwann nicht mehr hören kannst. Diese gut gemeinten Kommentare implizieren, dass ich Schuld an meiner Kinderlosigkeit bin und sie machen mich deshalb wütend. Unfruchtbarkeit ist leider kein Umstand, den ich durch einen Urlaub einfach ändern könnte.